mein roter Faden

 

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Wichtig ist, dass man nicht aufhört zu fragen.

– Albert Einstein

In Dankbarkeit für meine vier Kinder, die mir immer wieder einen Spiegel vorgesetzt haben und so wesentlich für die Entwicklung meines eigenen Werdeganges v.a. im Bereich der Ernährung beigetragen haben. Sie waren meine besten Lehrer!

Als ich 1996 meine Praxis in Luzern eröffnete, war ich voller Tatendrang mein Wissen, das ich über 5 Jahre lang theoretisch erworben habe, praktisch umzusetzen und Menschen mit Naturheilkunde begleiten und zu behandeln. Die Ernährung war mir dabei von Anfang an ein besonderes Anliegen, konnten die Menschen doch so selber für sich sorgen, ohne dass sie auf fremde Hilfe angewiesen sind – in Selbstsorge eben.

Als mein ältester Sohn jedoch mit 4 Jahren seine ersten Löcher in den Zähnen hatte, obwohl er kaum je Zucker bekommen hatte, eine Arthrose-Patientin, die ich lange begleitet habe, doch operieren musste und ich meinen ersten Ernährungskurs anbot, bei dem ich realisierte, dass die „Ernährung nach den 5 Elemente“ zwar auf eine sehr feine Art regulierend wirkt, aber letztendlich halt doch auch Symptombekämpfung ist, brach meine heile Welt, die ich mir in diesen ersten 5 Praxisjahren aufgebaut habe, zusammen. Ich wollte Krankheiten ursächlich angehen, keine Symptombekämpfung machen und hatte die tiefe Überzeugung in mir, dass es möglich sein muss, mit Ernährung chronische Krankheiten anzugehen, ohne die Patienten gleichzeitig in die Abhängigkeit von mir, meinen oder andern Therapien oder Medikamenten zu bringen.

Einen Moment lang stand ich vor dem Nichts und vor vielen Fragen. Wie kann es sein, dass mein Sohn mit 4 Jahren schon Löcher hat – ich war 36 und hatte noch keine? Warum musste diese Patientin doch operieren, obwohl sie in den letzten drei Jahren so viel Zeit und Geld in die Heilkunde investiert hat – mit qualifizierter Homöopathie, Ernährung, mit mehreren Serien Akupunktur-Behandlungen über 2-3 Jahre, mit Shiatsu und einer langjähriger osteopathischen Behandlung? Ich war mir sicher, dass es Wege auch aus der Sackgasse der degenerativen Krankheiten geben muss. Was habe ich noch zu wenig beachtet? Habe ich was falsch gemacht? Was haben all diese fundierten Methoden übersehen? Ich konnte diese Fragen nicht einfach wegstecken.

Ich bin sehr selbstkritisch und habe auch deshalb nie aufgehört Fragen zu stellen. Es genügte mir nicht, einfach die Löcher meines Sohnes beim Zahnarzt hinzunehmen, flicken zu lassen, weiterzugehen und zu denken, „er hat halt nicht so starke Zähne wie ich.“ Ich wollte der Ursache „meines Fehlverhaltens“ auf die Spur kommen. Denn eins war mir klar, es lag in meiner/unserer Verantwortung als Eltern, dass der Junge schon so früh mit Karies zu kämpfen hatte.

Wichtig dabei war wohl, dass ich erst loslassen und das Alte zurücklassen musste, damit das Neue zu mir finden konnte. Einen Moment lang kam es mir vor, als ob ich meinen geliebten Beruf und all das Herzblut, das ich über 10 Jahre während meiner Ausbildung und meinen ersten Jahren als Naturheilpraktikerin in die Heilkunde gesteckt habe, aufgeben würde. Aber mit dieser Heilkunde – wie ich sie so kopflastig gelernt habe – wollte ich nicht weitermachen – ich konnte es mit meinem eigenen Gewissen nicht mehr vereinbaren. Von einigen der Errungenschaften der 5 Elemente war ich überzeugt – ich wollte nicht wieder zurück zu Brot und Milch. Doch wie sieht eine Kost aus, die antiphlegmatisch und einer Übersäuerung entgegenwirkt, möglichst keine störenden, krankmachenden Substanzen (Antinutriente) enthält und bei vielen Zivilisationskrankheiten hilft, ohne dass der Patient auf weitere Medikamente und Therapien angewiesen ist? Zugegeben – ein hoher Anspruch, den ich an die Ernährung hatte – ich wusste aber intuitiv und war davon überzeugt, dass es sie geben muss. Ich vertraute meiner Intuition und fand unerwartet Antworten.

Per Zufall stiess ich 2003 auf die kohlenhydrat- und säurearme Kost (Schaubkost). Das Buch dazu hatte ich von meinem Vater geschenkt bekommen und es lag 17 Jahre lang ungelesen in meinem Büchergestell. Schon beim Lesen auf den ersten Seiten wusste ich, dass im empirisch, über Jahre entstandene und erprobten Wissen ganz viel Weisheit steckt und ich womöglich den Schlüssel zu meinen vielen Fragen unverhofft gefunden habe.

Seither durfte ich viele Patienten – auch für die Schulmedizin „abgeschriebene“ kranke Menschen auf ihrem Weg zurück zu mehr Lebensqualität und zurück zu ihrer eigenen Gesundheit begleiten. Dafür bin ich dankbar.

Meine so positiven Erfahrungen damit haben mich 2009 bewogen, zusammen mit andern Frauen das Zentrum für Selbstsorge zu gründen, wo ich seither regelmässig meine Kurse anbiete.

In meinem allerersten Flyer über meine Arbeit 1995  habe ich geschrieben: „Mit Mut zur Veränderung, Geduld und Liebe zu sich selbst ist Gesundheit erreichbar“ und ich bin fast ein bisschen stolz, dass ich meinem Grundsatz – ohne Abhängigkeiten zu arbeiten – immer treu bleiben konnte. Es braucht aber das aktive Mitmachen des Patienten,  eine Portion Mut, Neues ausprobieren und einen neuen Pfad einschlagen zu wollen – es braucht das bewusste Loslassen von alten Glaubenssätzen und das Vertrauen in die eigenen Selbstheilungskräfte, eine Handvoll Geduld (Patient = Geduld),  und eine Prise Disziplin.

Ich danke Milly und Paul für Ihre Pionierarbeit und Stefan Schaub für das hartnäckige Dranbleiben und Weiterführen des Schaub-Institutes, seinen unermüdlichen Einsatz für eine neue Sichtweise der Diätetik und der Naturheilkunde auf dem Platz Schweiz. Und ich wünsche der Schaubkost für die Zukunft den Platz, den sie verdient hat!

Ernährung ist die „systemischste“ Arbeit überhaupt – man praktiziert nicht nur Familientherapie, sondern – darüber hinaus hat die Kost auch einen ethischen-spirituellen Aspekt: Indem ich mich für einfache, aber qualitativ hochstehende Produkte entscheide, unterstütze ich eine biologische Landwirtschaft, den Natur- und Tierschutz und ich unterstütze faire Arbeits- und Lebensbedingungen der Bauern. Im Beachten meiner eigenen evolutionsbiologischen Bedürfnissen und dem Beschränken auf das Wesentliche bin ich der Selbstsorge ganz nahe: Jedermann und jede Frau kann es für sich tun – Heilung muss nicht teuer erkauft werden!

Es ist meine tiefe Überzeugung, dass die Medizin nicht noch immer komplizierter werden muss, die Kraft liegt in der Einfachheit – die kohlenhydrat- und säurearme Kost ist der beste Beweis dafür!

Die eingangs erwähnten Geschichten fanden übrigens ein positives Ende: Mein Sohn hat seither keine Löcher mehr in den Zähnen – sogar keines meiner 4 Kinder (!) – und alle meine 4 Söhne kennen die Arztpraxis nur, wenn ich sie wegen Unfällen z.B. zum Nähen aufsuchen musste. Meine Arthrose-Patientin hat bis heute ihre zweite Hüfte nie operieren lassen und ich selber bin glücklich und dankbar für all jene Patienten, durch die ich lernen und wachsen durfte! Dieses Wissen einer breiten Bevölkerung zurückzugeben, da liegt mein Herzblut.

 

Herzlich

Gabriela Wyrsch Ineichen